Sind Sie empfangsbereit?

 

28.05.2020

Viele BUJ Mitglieder werden sich noch lebhaft an die Einführung des beAs erinnern. Wochen und Monate wurde über das beA-System diskutiert und nach Lösungen zur Implementierung in den Unternehmen gesucht. Obwohl der praktische Nutzen des beAs für viele Synikusrechtsanwältinnen und – rechtsanwälte gegen Null tendiert, haben es die meisten Rechtsabteilungen in enger Zusammenarbeit mit den IT-Abteilungen durch sehr viel Engagement geschafft, das beA zum Starttermin einzurichten.

Wer die Mühe des Einrichtens bisher gescheut hat, könnte dies nun bald zu spüren bekommen. Mit Urteil vom 06. März 2020 des Anwaltsgerichtes Nürnberg bekam eine Anwältin einen Verweis und eine Geldbuße in Höhe von 3.000 Euro. Grund der Geldbuße war, dass sie ihr beA nicht empfangsbereit eingerichtet hatte, obwohl nach § 31a Absatz 6 BRAO die passive Nutzungspflicht für das beA besteht.

Dies nehmen wir zum Anlass, Ihnen einen Ausschnitt aus dem BUJ Berufsrechtsleitfaden zur Verfügung zu stellen und Ihnen ans Herz zu legen, sich spätestens jetzt mit der Einrichtung des beA auseinanderzusetzen. BUJ (Hrsg.), Leitfaden Berufsrecht für den Syndikusanwalt, 2. Auflage, 2017, S. 30ff:

Mit der Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA), welches für alle zugelassenen Rechtsanwälte eingerichtet wurde, ergeben sich für diese berufsrechtliche Pflichten zur Führung und Nutzung des beAs (vgl. u.a. § 31 a, § 43 BRAO). Rechtliche Grundlage für das beA ist das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (ERV-Gesetz).

Bei dem beA handelt es sich um ein webbasiertes Onlinepostfach, welches die sichere elektronische Kommunikation zwischen Rechtsanwälten untereinander und der Justiz ermöglicht. Es handelt sich dabei um ein berufsrechtliches persönliches Postfach des Rechtsanwalts. Der Zugriff auf das Postfach kann nur mittels Identifikationsnachweis (Chipkarte und Lesegerät) des Rechtsanwalts erfolgen. Seit dem 28. November 2016 kann bislang jeder in Deutschland zugelassene Rechtsanwalt über ein solches elektronisches Postfach erreichbar sein. Bis zum 31. Dezember 2017 besteht jedoch keine gesetzliche Verpflichtung des Postfachinhabers, die für die Nutzung des besonderen elektronischen
Anwaltspostfachs erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten (Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe). Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das Postfach muss der Postfachinhaber bis zu diesem Zeitpunkt nur dann gegen sich gelten lassen, wenn er zuvor seine Bereitschaft zu deren Empfang über das besondere elektronische Anwaltspostfach erklärt hatte. Die Gesetzesbegründung von § 31 RAVPV führt hierzu aus:

„Die Bereitschaft zur Entgegennahme von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach kann die Postfachinhaberin oder der Postfachinhaber bis zum 1. Januar 2018 auf verschiedenen Wegen zum Ausdruck bringen. Hierfür kann z. B. ein Hinweis auf die Erreichbarkeit über das besondere elektronische Anwaltspostfach auf dem Briefkopf oder auf der Internetseite der Postfachinhaberin oder des Postfachinhabers in Betracht kommen. Weiter hat der Deutsche Anwaltverein angekündigt, dass die Bereitschaft auf den Profilseiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte unter www.anwaltsauskunft.de erklärt werden kann. Zudem wird im Versenden rechtsverbindlicher Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach die schlüssige Erklärung zu sehen sein, auf demselben Weg auch erreichbar zu sein. Die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt soll die Bereitschaft nach Satz 2 jedoch nicht auf einzelne Verfahren beschränken, sondern nur allgemein erklären können. Andere Lösungen würden bei seinen Kommunikationspartnern, d. h. insbesondere bei den Gerichten, aber auch bei Kollegen, zu einer zu großen Unsicherheit darüber führen, ob ein Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt in einem bestimmten Verfahren über das besondere elektronische Anwaltspostfach nun zu erreichen ist oder nicht. Sie wären auch für die Verwaltung der Gerichte kaum zu handhaben. Satz 3 stellt dagegen klar, dass die bloße Durchführung der Erstanmeldung der Postfachinhaberin oder des Postfachinhabers nach § 22 RAVPV noch keine Erklärung der Bereitschaft zur Entgegennahme von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach darstellt. Ebenso wenig soll nach Satz 3 das insbesondere zu Testzwecken erfolgende Versenden von Mails, die sich nicht auf bestimmte von der Rechtsanwältin oder von dem Rechtsanwalt bearbeitete Verfahren beziehen, eine Erklärung der Empfangsbereitschaft darstellen. Hiermit soll ein unverbindliches Testen der Funktionen des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ermöglicht werden.“

Der Rechtsanwalt kann als Inhaber des Postfachs anderen Personen (z.B. Mitarbeitern oder Kollegen) Zugriffsrechte auf das eigene beA einräumen. Diese Zugriffsrechte reichen von eingeschränkten Leserechten bis hin zur Berechtigung, selbst Berechtigungen erteilen zu können.

Das beA kann nicht für Archivierungszwecke oder als Datenablage verwendet werden. Mit Zeitablauf werden die Daten automatisch gelöscht (§ 31 a Abs. 3 S. 4 BRAO). Die Erweiterung des Speichers bzw. die Weiterarchivierung kann laut Aussage der BRAK kostenpflichtig erfolgen. Nähere Informationen hierzu gibt es bislang noch nicht.

Zwar ist es möglich, im beA eine (Kanzlei-)E-Mail-Adresse zu hinterlegen, um z.B. über den Eingang von Schriftsätzen informiert zu werden. Jedoch wird die eingehende „Post“ nicht automatisch an die hinterlegte (Kanzlei-)E-Mail-Adresse weitergeleitet. Der Rechtsanwalt erhält über die hinterlegte (Kanzlei-)E-Mail-Adresse lediglich eine Benachrichtigung, dass „Post“ in das beA eingegangen ist. Die Einbindung des beA in bereits vorhandene Kanzleisoftware soll durch Bereitstellung von entsprechenden Schnittstellen seitens der BRAK / BNotK möglich sein.

Der Rechtsanwalt hat dafür Sorge zu tragen, dass sein beA ordnungsgemäß von ihm bearbeitet wird. Hierzu gehört insbesondere die regelmäßige Kontrolle des Posteingang sowie die Hinterlegung eines allgemeinen Vertreters bei einer längerer Abwesenheit von mehr als einer Woche (vgl. § 53 BRAO). Verstöße hiergegen unterfallen im Zweifel der berufsrechtlichen Haftung nach § 675, 611 ff. iVm § 280 ff. BGB sowie der berufsrechtlichen Ahndung durch die zuständige Rechtsanwaltskammer (z.B. Erteilung einer Rüge nach §§ 43 ff. iVm § 74 BRAO).

Schriftsätze, die bei Gericht eingereicht werden, müssen noch bis zum 31. Dezember 2017 mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden. Die Pflicht zur elektronischen Signatur der Schriftsätze fällt für Rechtsanwälte ab dem 1. Januar 2018 weg. Dies gilt jedoch nicht, soweit Schriftsätze von Mitarbeitern versandt werden sollen. Dann sind die Schriftsätze weiterhin vor Versand vom Rechtsanwalt qualifiziert zu signieren.

Da sich das beA bislang noch in der Einführungsphase befindet, können gegenwärtig keine abschließenden Hinweise zum Umgang mit dem beA und insbesondere der Bewertung von Systemfehlern, welche zu Fehlläufern oder Verfristungen führen könnten, erteilt werden. Bei der Handhabung des beA und der Versendung von Schriftsätzen ist daher besondere Sorgfalt geboten. Ein gesondertes beA für Syndikusrechtsanwälte ist für den 1. Januar 2018 geplant (§ 31a Abs. 3 S. 2 BRAO). Ein einheitliches Rechtsabteilungspostfach bzw. Kanzleipostfach ist nicht vorgesehen. Ein solches ist aber sinnvoll, denn das beA zieht eine Vielzahl organisatorischer, technischer und berufsrechtlicher Fragen nach sich, die den Berufsträger und den Arbeitgeber vor eine große Herausforderung stellen. Dies gilt für größere Kanzleistrukturen sowie für Rechtsabteilungen in Unternehmen gleichermaßen, da das beA derzeit höchstpersönlich an die Person des Anwalts anknüpft. Eine deutliche Klärung und Abgrenzung der gegenwärtigen Probleme würde die Einführung eines einheitlichen Kanzleipostfachs bzw. Rechtsabteilungspostfachs schaffen. So wären zum Beispiel dringende Fragen zur Einrichtung von Vertretungs- und Zugriffsberechtigungen für das beA leichter zu regeln.

Es empfiehlt sich insgesamt dringend, die Hinweise der BRAK/BNotK zur Handhabung des beAs aufmerksam durchzulesen.